Boden und Eigentum
Flüsse und Seen gehören der Allgemeinheit. Doch wer (als Miteigentümer) zu einem See gelangen will, wird oft durch Privatgrundstücke daran gehindert.
Dass ein See über weite Strecken durch Privateigentum an Boden versperrt ist, ist unschön, aber kein volkswirtschaftliches Problem. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive zählt Boden - wie Arbeit und Kapital – zu den Produktionsfaktoren. Ohne diese ist Wirtschaft nicht möglich. Den beiden Faktoren Boden und Arbeit ist gemeinsam, dass sie nicht produziert bzw. reproduziert werden können wie andere Güter. Arbeit und Boden bedürften des besonderen Schutzes durch die Gemeinschaft. Während das Arbeitsrecht eine lange Entwicklung hinter sich hat, ist die Entwicklung des Bodenrechts und damit des Bodenschutzes in eine Sackgasse geraten. Bis in die Neuzeit stand noch viel Boden im Gemeineigentum (so wie auch heute noch Seen, Flüsse und Berge).
Boden und Vermögensentwicklung
Einst die Matratze, heute der Boden: Je länger desto mehr dient Boden der Aufbewahrung von Vermögen.
Obwohl Boden sich durch seine Nichtproduzierbarkeit von anderen Gütern prinzipiell unterscheidet, wird er wie beliebige andere Güter nach Marktprinzipien gehandelt – mit der Folge, dass die rechtlich deklarierte Käuflichkeit des Bodens in eine faktische Nichtkäuflichkeit für die meisten Mitglieder der Gesellschaft umgeschlagen ist (Udo Herrmannstorfer in «Scheinmarktwirtschaft» Stuttgart 1991). Denn die Bodenpreise sind massiv gestiegen und sind weiterhin am Steigen. In den 10 Jahren seit 2003 ist der Wert von Einfamilienhäusern in der Schweiz um 70% auf 840 Mrd. Franken, von Eigentumswohnungen um 90% auf 668 Mrd. Fr. und aller Mietwohnungen um 52% auf 797 Mrd. Fr. geklettert.
Die Fachleute von Wüest & Partner, einer führenden Immobilienberatungsfirma, haben errechnet, dass der Wert aller Wohnimmobilien in der Schweiz in den 10 Jahren seit 2003 um 939 Mrd. Fanken. zugenommen hat. Zieht man davon die Neuinvestitionen in den Wohnbau ab (zirka 275 Mrd.), verbleibt eine substanzielle Wertsteigerung von 664 Mrd. Fr. Das entspricht einem Plus von fast 50% über die letzten zehn Jahre. Dadurch wächst der Aufwand für das Wohnen deutlich stärker als die übrigen Lebenshaltungskosten.
Einkommen ohne Leistung
Der geschilderte Wertzuwachs wird zu Einkommen ohne Leistung
Die eben geschilderten Wertzunahmen sind Einkommen ohne Leistung der Eigentümer. Die Leistung wird von der Gesellschaft erbracht – schon einmal dadurch, dass die Bevölkerung wächst und mehr Boden braucht. Die gesellschaftliche Leistung wird aber namentlich durch die Entwicklung der gesamten Infrastruktur von Strassen, öffentlichem Verkehr bis zu Schulen und Kultureinrichtungen erbracht. Die Gemeinschaft kommt nicht nur für diese Infrastruktur auf, sondern sie verbilligt (u.a. mit Bereitstellung von Bauland für genossenschaftlichen Wohnungsbau) gleichzeitig das Wohnen in Städten, die sonst aufgrund der hohen Mietpreise unbewohnbar würden; und sie richtet Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen aus an Menschen, die neben den übrigen Lebenshaltungskosten ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können. All diese Leistungen der Gesellschaft sorgen dafür, dass die private Bodenrente nicht angetastet wird. Über die Pensionskassen ist ein grosser Teil der Gesellschaft in beschränktem Umfang an der Bodenrente beteiligt.
Diese Entwicklungen akzentuieren sich dadurch, dass Wohneigentum mehr und mehr zu einem Objekt der Geldanlage geworden ist.
Das Nutzungseigentum
Nutzungseigentum schafft ein Verfügungsrecht über Boden, welches die problematischen Folgen sowohl des Privateigentums als auch einer Verstaatlichung ausschliesst.
Das Nutzungseigentum belässt die Verfügung über eine Liegenschaft bei der Nutzerin – mit Ausnahme des Rechts, die Liegenschaft zu verkaufen. Aus der Sicht von Nutzern entspricht das Nutzungseigentum dem Baurecht (Erbbaurecht). Nutzer zahlen eine Nutzungsgebühr für die Nutzung des Bodens. Auch die Übertragung an einen neuen Nutzer können die Beteiligten selber vornehmen. «Eine gesellschaftliche Einrichtung, die den Boden verwaltet, greift nur ein, wo noch kein Erstnutzer bestellt ist (unbebautes Land), wo der bisherige Eigentümer selbst keinen Nachfolger bestellt hat oder wo übergeordnete gesellschaftliche Nutzungsgesichtspunkte geltend gemacht werden müssen.» Udo Herrmannstorfer: «Scheinmarktwirtschaft», Stuttgart 1991, S. 82. Mit dem Nutzungseigentum könnte dem Kapitaldruck auf den Boden wirkungsvoll entgegengetreten werden.
Stiftung für Nutzungseigentum
Mehrere Bodenrechtsinitiativen wurden im Verlauf des 20. Jahrhunderts lanciert und abgelehnt. Eine Stiftung kann sichtbar machen, worum und wie es geht.
Gedacht wurde das Nutzungseigentum von Udo Herrmannstorfer im Hinblick auf eine Bodenrechtsreform zur Zeit der Wende in Deutschland. Doch solche Ideen haben es in einer dem Individualismus und Egoismus huldigenden und immer mehr staatliche Regulierung praktizierenden Gesellschaft schwer. Dies zeigten auch die verschiedenen Bodenrechtsinitiativen in der Schweiz, die schliesslich zum Satz in der Bundesverfassung geführt haben: «Das Eigentum ist gewährleistet.» Um trotzdem ein Zeichen zu setzen, gründete die CSPUK-Gründergruppe 1993 die «Stiftung für Nutzungseigentum am Boden», die Boden (Liegenschaften) kaufen oder geschenkt erhalten, diese gemäss Statuten aber nicht mehr verkaufen kann.
Wie andere ähnliche Stiftungen auch, will die Stiftung für Nutzungseigentum Boden dem Markt entziehen beziehungsweise «neutralisieren». Sie unterscheidet sich aber dadurch von anderen Stiftungen,dass sie von den Behörden nicht als gemeinnützig anerkannt wurde. Die behindert die geschenkweise Übertragung von Liegenschaften an die Stiftung erheblich. Diese «Not» ist aber gleichzeitig eine Tugend: die Stiftung kann auch als Käuferin auftreten. Dies ist immer dort wichtig, wo ein Eigentümer oder eine Eigentümerin nicht einfach auf einen Verkaufspreis verzichten kann (wenn beispielsweise das Haus Altersvorsorgekapital ist), aber nachhaltig soziale Ideen mit der Weitergabe verbindet und das Eigentum nicht einfach an den Meistbietenden veräussern will.