Liestal: Im Ziegelhof wirds demokratisch
Quelle bz Basel 3.12.2015
Was für ein fundamentaler Kulturwechsel beim Ziegelhof-Areal! Bis vor kurzem galt, dass die meisten Gebäude abgerissen und nach den Vorstellungen von Investor und Ankermieter neu gebaut werden. Jetzt, nach dem Verkauf des Areals an die Pensionskasse CoOpera, sollen die meisten Gebäude mit einer Portion basisdemokratischer Mitbestimmung stehen bleiben. Den neuen Wind erlebten an der gestrigen Informationsveranstaltung in der ehemaligen Abfüllhalle rund hundert Interessierte.
«Das ist ein toller Raum. Er hat uns bewegt, uns für den Erhalt der alten Fabrik zu engagieren. Und es ist ein Riesenglück, dass nach dem Coop-Absprung CoOpera eingesprungen ist», begrüsste Barbara Buser das Publikum. Die Vordenkerin von «Denkstatt» ist zusammen mit einem halben Dutzend Mitstreitern nun für den kreativen Prozess verantwortlich, der in den nächsten zwei Jahren zu diversen Zwischennutzungen führen soll. Um zu zeigen, was alles möglich ist, gibt es bis nächsten April vier öffentliche Führungen; die erste am 16.Januar. Dabei ist ein zumindest in Liestal alter Bekannter involviert: Alt Stadtrat Heiner Karrer, der mit einer gewonnenen Volksabstimmung schon dafür gesorgt hatte, dass das Hanro-Areal nicht einer Wohnüberbauung weichen musste.
Bewährte Seilschaften spielen
Hanro ist denn auch das Bindeglied zwischen Buser, CoOpera und jetzt Ziegelhof. Denn bereits dort kaufte CoOpera das Areal und Buser sorgte für die Nutzung. Diese Zusammenarbeit war so erfolgreich, dass CoOpera-Vertreter Jürg Hari gestern Abend sagte: «Wir wären beim Ziegelhof nicht aufgesprungen, wenn nicht gute Leute wie Barbara Buser mit an Bord wären.» CoOpera sei eine «klassische» Pensionskasse mit 500 angeschlossenen Betrieben mit 5000 Versicherten. Die – nicht ganz so klassische – Anlagestrategie sei, Gelder in die Realwirtschaft zurückzubringen.
Als nächster Schritt nach den Führungen folgt im Frühling eine «Zukunftskonferenz» mit Teilnehmern aus möglichen Nutzerkreisen, Nachbarschaft und Behörden. Dort soll innerhalb des gegebenen Rahmens – der Besitzer will eine Rendite und die Bedingungen der Stadt müssen eingehalten werden – die künftige Nutzung abgesteckt werden. Eine Arbeitsgruppe schafft danach einen Vorschlag aus, der an der «Ergebniskonferenz» im Herbst nochmals diskutiert werden soll.
Von diesen Perspektiven zeigte sich auch Stadtpräsident Lukas Ott erfreut. Der Ziegelhof dürfe nicht weiter «ein wartendes Areal» sein, sondern müsse als wichtige Ressource von Liestal rasch genutzt werden. Und wie wenn er sein einstiges Eintreten fürs Ziegelhof-Vorgängerprojekt bereuen würde, redete er «dem Respekt gegenüber gewachsenen Strukturen» das Wort. Und Ott weiter: «Für den Stadtrat ganz wichtig ist, eine Sogwirkung nach innen in die Altstadt zu erzeugen und nicht nach aussen.» Der Ziegelhof habe hierbei eine wichtige Verbindungsfunktion zwischen Stedtli und dem neu entstehenden Quartier in Liestal Nord.
Wie unkompliziert die neue Nutzung abläuft, zeigte sich bei einer Frage aus dem Publikum: Ein Mann wollte wissen, wann sein Schwerkampf-Club im Ziegelhof einziehen könnte. Busers spontane Antwort: «Im Januar.» Was der Schwerkampf-Sportler mit «perfekt» quittierte.